flowkey logoMAGAZINE

Klavier lernen – Dein Ratgeber für den Einstieg

Kapitel 1Wie du das richtige Klavier oder Keyboard wählstKapitel 2Methoden um Klavierspielen zu lernen Kapitel 3Richtige Technik und Haltung beim Klavierspielen Kapitel 4Mit dem Klavierspielen beginnenKapitel 5Notenlesen lernen am Klavier (Die Grundlagen)
Kapitel 6Klavier ÜbenKapitel 7 Ziele & Motivation beim KlavierspielenKapitel 8Noten, Zeitangaben und DynamikKapitel 9KlavierpedaleKapitel 10Fragen und Antworten zum Klavierspielen

Kapitel 7

Ziele & Motivation beim Klavierspielen

Klavier lernen – Dein Ratgeber für den Einstieg

Die Vorstellung niemals so gut zu werden wie eine erfahrene Pianistin, kann einen gerade zu Beginn Sorgen bereiten. Der Vergleich zum eigenen Können wirkt oft einschüchternd. Ein ähnliches Gefühl ist es, am Fuße eines Berges zu stehen und zum Gipfel zu blicken. Doch genauso wie wir einen Berg in mehreren Etappen besteigen, können wir den Weg zu unserem Traum vom Klavierspielen in viele kleine Schritte unterteilen. In diesem Kapitel widmen wir uns realistischer Zielstetzung und Motivation, um beim Spielen konzentriert zu bleiben und jeden Tag ein bisschen besser zu werden.

Die beste Kombination um motiviert zu bleiben, besteht aus einer täglichen Routine aus Zielen, Feedback und Belohnungen. Dieses Muster funktioniert sowohl für kurzfristige als auch für längerfristige Zeiträume. Setz dir ein langfristiges Ziel, kontrolliere deinen Fortschritt regelmäßig anhand von Feedback und erhalte neue Motivation als Belohnung, wenn du das Ziel erreicht hast. Genauso lässt sich das auf jede Übungseinheit übertragen: Setz dir ein Ziel, erhalte direktes Feedback und belohn' dich, wenn du dein Ziel erreicht hast.

Ein langfristiges Ziel setzen

Setz dir ein übergeordnetes Ziel, das du langfristig erreichen möchtest. Das ist nun der Gipfel deines Berges. Es zeigt die Richtung an und formt deine Praxis: Womit du beginnst, worauf du dich konzentrierst und fokussierst.

Info

Häufiger Fehler: Keine klaren Ziele setzen

Einfach mal ins Blaue hinein zu üben, ist ein häufiger Fehler, der zu unstrukturierten Übungseinheiten führt, bei denen man am Ende nicht wirklich besser wird. Nimm dir stattdessen einen Moment Zeit, um kurz- und langfristige Ziele zu definieren.

Sei konkret. Formuliere konkrete Ziele. Vermeide Ausdrücke wie "gut sein" oder "besser werden". Nimm dir stattdessen vor, ein bestimmtes Stück oder einen bestimmten Song perfekt zu spielen. Oder plane ein Klavierkonzert für Freunde oder Verwandte. Auch wenn diese Ziele im Moment groß wirken, geben sie eine Richtung vor. Nimm dir Zeit, dorthin zu gelangen und dokumentiere deine Fortschritte.

Sei persönlich. Wähle ein Ziel, dass DU erreichen möchtest. Wenn du Beethoven-Stücke eher zum Einschlafen am Abend hörst, ist sie zu spielen wahrscheinlich kein geeignetes Ziel für dich. Bist du Fan von Elton John? Dann wähle eines seiner Stücke als Ziel für dich. Lass dich nicht davon beeinflussen, was andere gerne hätten, dass du spielst. Entscheide dich für etwas, auf das DU dich freuen kannst und dass DICH dazu motiviert, jeden Tag zu üben.

Sei realistisch. Wenn du gerade anfängst und ein einfaches Stück flüssig spielen möchtest, ist das mit einer guten Übungsroutine eine Sache von wenigen Monaten. Schwierigere Stücke dauern dementsprechend länger, bei komplexen Stücken auf Fortgeschrittenem-Level solltest du also zumindest mit ein paar Jahren rechnen. Wenn du bereits als Kind Klavier gespielt hast, wirst du rasch wieder in die Praxis hineinfinden und deine Ziele deutlich schneller erreichen.

Der Journalist Alan Rusbridger schrieb darüber ein Buch, wie er im Alter von 56 Jahren wieder mit dem Klavier spielen anfing. Nach einem Jahr des Übens spielte er sogar Chopins Ballade Nr. 1 auf einem Konzert. Sei Ziel war sehr konkret und mit viel Übung sogar realistisch.

Auf dein Ziel hinarbeiten

Nutze dein neu definiertes, langfristiges Ziel, um deine Übungseinheiten in naher Zukunft zu strukturieren. Du wirst schneller Fortschritte sehen und länger motiviert bleiben, wenn du jede einzelne Einheit nach dem Muster von Ziel, Feedback und Belohnung aufbaust.

Übungs- und Feedbackschleife
Übungs- und Feedbackschleife

Ziel einer einzelnen Übungseinheit

Um langfristig besser zu werden, sollte man immer versuchen, sich kontinuierlich zu verbessern und sich so Schritt für Schritt an das große Ziel heranzutasten. Denk an dein langfristiges Ziel und setze heute etwas um, dass dich dem näher bringt. Arbeite dich von Tag zu Tag heran, erhalte einen Motivationsschub, nachdem du das Tagesziel erreicht hast und du wirst überrascht sein, wie schnell sich aus diesen vielen kleinen Erfolgen eine große Veränderung erkennen lässt.

Setze spezifische Ziele für deine täglichen Übungseinheiten. Sie machen deine Praxis um einiges strukturierter und effizienter. Wenn du also zum Beispiel deine Fingergeschwindigkeit verbessern willst, nimm dir vor, bestimmte Arpeggios und Tonleitern zehn Mal hintereinander fehlerfrei zu spielen. Wenn du eine ganz bestimmte Sequenz eines Stückes verbessern möchtest, spiele zuerst nur diese Stelle und setz dir auch hier ein Ziel, die Passage eine bestimmte Anzahl an Durchgängen fehlerfrei zu spielen.

Sei realisisch gegenüber deinen täglichen Zielen. Erinnere dich daran, was wir in Kapitel 6 gesagt haben – übe nicht länger als 40 Minuten am Stück. Rom wurde schließlich auch nicht an einem Tag erbaut… setze dir also tägliche Ziele, die du in dieser Zeitspanne auch gut erreichen kannst.

Feedback

Um richtig zu spielen, müssen wir wissen, dass wir richtig gespielt haben… oder eben nicht:

Sei dir der Fehler bewusst. Beim Erlernen eines Instruments ist es extrem wichtig, zu wissen, wann wir Fehler machen. Doch gerade am Anfang haben wir oft alle Hände damit zu tun, herauszufinden, welche Bewegung welches Geräusch erzeugt. Ohne Fehlerkontrolle gewöhnen wir uns falsche Bewegungsmuster an und sind später demotiviert, wenn wir merken, wie viel Zeit es kostet, sich wieder umzugewöhnen.

Hol dir Unterstützung. Niemand bemerkt 100% seiner eigenen Fehler. Vielleicht kennst du das Stück nicht gut genug, um den Unterschied herauszuhören. Oder du ignorierst den Fehler unterbewusst, um schneller weiterzukommen. Vielleicht nimmst du das Heraushören der Fehler bei einem ohnehin schon herausfordernden, neuen Stück auch als zusätzlichen Aufwand war. Achte also darauf, einen Lehrer, Freund oder technologische Unterstützung zu haben, der oder die dich auf deine Fehler aufmeksam machen.

flowkey Songplayer mit grünen Häkchen

Hör auf das Feedback. Wenn du dir eines Fehlers bewusst bist, arbeite sofort daran, um ihn nicht zu wiederholen. In Kapitel 6 - Klavier üben findest du eine Methode, um Schwierigkeiten zu meistern und Fehler zu korrigieren.

Lass dich feiern. Selbst zu wissen, dass du etwas richtig gemacht hast, ist das eine. Es von jemand anderen zu hören, ist etwas ganz anderes. Externes positives Feedback verstärkt die Glücksgefühle, die du empfindest, wenn du eine schwierige Stelle gemeistert hast. Der Effekt ist umso stärker in Kombination mit ausbleibendem negativem Feedback. Wenn du weißt, du hörst ein "Gut gemacht" oder "Perfekt" nur, wenn es wirklich gut oder perfekt war, hat diese Aussage eine viel größere Bedeutung.

Belohnung

Wenn du das Ziel erreichst, das du dir zum Beginn der Einheit gesetzt hast, ist es Zeit, dich zu belohnen. Psychologen nennen die Kombination aus positivem Feedback und einer Belohnung "positive Bestärkung". Diverse Studien belegen, dass diese Kombination auf Dauer einen weitaus besseren Lerneffekt erzielt als die gegenteilige "negative Bestärkung", die sich auf die Bestrafung von negativem Feedback konzentriert und zu Demotivation führen kann.

Vielleicht ist das Wissen, dein Ziel erreicht zu haben, bereits ausreichend Motivation für dich. Trotzdem ermutigen wir dich dazu, den Belohnungseffekt auszuprobieren. Eine Belohnung kann dabei fast alles sein: Eine kleine Süßigkeit genauso wie die nächste Folge der Serie, die du gerade schaust. Es macht auch keinen Unterschied, wenn du dich mit etwas belohnst, dass du sowieso gehabt hättest, alleine der Gedanke zählt. Auf Dauer wirst du die Belohnung wahrscheinlich ohnehin weglassen. Alleine die Tatsache, dass du dich verbesserst, wird dann Belohnung genug sein.

Dokumentiere deinen Fortschritt

Wir haben bereits erklärt, wie wichtig es ist, Feedback zu deinen einzelnen Einheiten zu bekommen. Doch genauso wichtig ist es, deine fortlaufende Entwicklung nachverfolgen zu können. Dadurch behältst du den Überblick und kannst Änderungen vornehmen, solltest du dich von deinem langfristigen Ziel entfernen. Am besten beginnst du gleich am Anfang mit einer für dich passenden Art der Aufzeichnung. Das kann ein Notizbuch sein, in dem du Fortschritte und Erfolge mit Datum notierst, Ton- oder Videoaufnahmen von dir beim Spielen oder Fortschritts-Dokumentation mittels einer App. Egal, welche Methode für dich funktioniert, du wirst dir später dankbar sein.

Fortschritts-Dokumentation in der flowkey App
Fortschritts-Dokumentation in der flowkey App

Deine Aufzeichnungen erlauben dir, deinen Fortschritt anhand deines langfristigen Ziels zu messen. Entwickelst du dich in die richtige Richtung? Hast du eine gute Recht-Links-Koordination, bist aber zu langsam in den einzelnen Bewegungen? Hast du dich zu sehr auf eine Hälfte eines Stücks konzentriert und die andere schleifen lassen? Wenn du dir dieser Dinge bewusst wirst, kannst du deine Übungsroutine dementsprechend anpassen.

Möglicherweise merkst du auch, dass es besser wäre, dein langfristiges Ziel zu ändern. Vielleicht war der Zeitrahmen nicht realistisch und dein Ziel zu weit gesteckt. Oder deine Vorlieben haben sich geändert und der Gedanke an dein ursprüngliches Ziel ist schlichtweg nicht mehr aufregend. Es spricht absolut nichts dagegen, dein Ziel dementsprechend anzupassen. Überlege, was dir wichtig ist und setze ein neues Ziel nach den Richtlinien vom Beginn dieses Kapitels.

Verwende deine Aufzeichnungen als positives Feedback zur Motivation. Es wird Zeiten geben, in denen du das Gefühl hast, eine bestimmte Passage wäre einfach unmöglich zu spielen – oder Tage, an denen nichts richtig laufen will. Wir neigen dann schnell dazu, zu denken, wir würden uns überhaupt nicht weiter entwickeln. Wenn du deinen Fortschritt von Beginn an dokumentiert hast, kannst du in diesem Moment zurückblicken und wirst sehen, wie sehr du dich verbessert hast.

Langfristige Motivation

Stell dir vor, wie es sich anfühlt, dein Ziel zu erreichen. Stell dir vor, du kannst nun das Mozart-Konzert spielen, das du dir vorgenommen hast. Oder den gesamten Frozen-Soundtrack bei der Weihnachtsfeier für deine Familie aufführen. Oder das Lieblingsstück deiner Oma zu ihrerm 80. Geburtstag spielen. Du hast das Ziel erreicht, das am Anfang unerreichbar schien – durch strukturierte, kontinuierliche Verbesserungen. Mit täglichen Zielen, viel Übung und Reaktionen auf gutes Feedback.

Wenn du dort angekommen bist, wird die Belohnung ungemein größer sein, als ein Keks oder ein Abend, um mit Netflix vor dem Fernseher einzuschlafen. Die Belohnung ist dann, nun tatsächlich Mozart spielen zu können, oder selbstbewusst ein Klavierkonzert zu geben. Die Belohnung ist die unglaubliche Entwicklung, die du hinter dir hast. Und die kann dir niemand mehr nehmen.

Das ist der Zeitpunkt, an dem du die vorher erwähnte positive Bestärkung am stärksten spürst. Jetzt aufhören? Kommt dann nicht in Frage. Denk noch ein Stück größer. Setz dir ein neues Ziel, arbeite nach der bewährten Struktur und dem Wissen, dass du deine Ziele erreichen kannst. Schließlich hast du genau das zu diesem Zeitpunkt ja schon einmal getan.