Klavier lernen leicht gemacht: Der ultimative Guide
Kapitel 3
Richtige Technik und Haltung beim Klavierspielen
Klavier lernen leicht gemacht: Der ultimative GuideBeim Klavierspielen geht es nicht nur um das DrĂŒcken der Tasten. Von der Haltung, mit der du am Klavier sitzt, bis zu der Art, mit der du deine Finger ĂŒber die Tasten gleiten lĂ€sst, gibt es zahlreiche Faktoren, die den Klang des Instruments beeinflussen. Die richtige Körperhaltung ermöglicht einen optimalen Energiefluss von deinem Körper in die Finger, die die Tasten berĂŒhren. Das ermöglicht ein Maximum an Ausdruck, Persönlichkeit und Dynamik fĂŒr deine Spielweise.
Aber es geht nicht nur darum, wie die richtige Technik eine gute PianistIn noch besser macht â im Gegenteil kann die falsche Technik und Haltung das Spielen deutlich erschweren und deinen Körper unnötig belasten. Die falsche Sitzhaltung kann zu Schmerzen in den Schultern sowie im Hals- und Nackenbereich fĂŒhren. Durch eine andauernde, falsche Fingerhaltung kann es einerseits zu KrĂ€mpfen und andererseits zu reduzierter Beweglichkeit der Finger kommen â und das auch in der Zeit, die du nicht am Klavier verbringst. Wer sich daran erinnert, wie sich die eigene Hand nach dem Schreiben eines langen Aufsatzes anfĂŒhlt, weiĂ, wovon wir sprechen.
Eine falsche Körperhaltung im Nachhinein zu korrigieren, ist ein langer und oft mĂŒhsamer Prozess â deswegen ist es umso wichtiger, sich gleich zu Beginn an die richtige Technik zu gewöhnen. In diesem Kapitel widmen wir uns deswegen allen Bereichen der Klaviertechnik: Von der richtigen Haltung des Körpers bis zu den Fingerbewegungen. Tipp: Komm' gerne auch spĂ€ter immer wieder zu diesem Kapitel zurĂŒck, um deine Technik zu ĂŒberprĂŒfen und eventuell zu korrigieren.
Hocker und Position des Unterkörpers
Solange du die richtige Höhe hast und bequem sitzen kannst, ist es tatsĂ€chlich nicht so wichtig, worauf du sitzt. Die beste Option ist ein höhenverstellbarer Stuhl oder Klavierhocker, der speziell fĂŒr diesen Zweck entworfen wurde.
Platziere deinen Stuhl in der Mitte des Klaviers, so weit entfernt, dass du alle Tasten mit einer entspannten Handposition (siehe weiter unten) erreichen kannst. Wenn du eine Klavierbank benutzt, achte darauf, nur auf dem vorderen Teil der Bank zu sitzen, so dass du deine FĂŒĂe entspannt auf den Pedalen bewegen kannst.
Setz' dich mit den Ellbogen parallel zur Tastatur, oder ein kleines StĂŒck höher, falls sich mehr Platz hier besser anfĂŒhlt. Wenn du auf einem Keyboard mit StĂ€nder spielst, kannst du die Höhe des Instruments direkt anpassen. Digitalklaviere und akustische Klaviere haben dagegen eine fixe Höhe, hier muss also der Stuhl dementsprechend angepasst werden. Solltest du auf der höchsten Einstellung immer noch zu tief sitzen, kannst du mit einer Matte oder Sitzunterlage nachhelfen. Achtung: Du solltest bequem, aber trotzdem stabil sitzen, weiche Polster sind also keine optimale Lösung.
Gute Pianisten mit schlechten Angewohnheiten
Ausnahmen bestĂ€tigen die RegelâŠ
Der Konzertpianist Glenn Gould saà so niedrig, dass er zu Konzerten und Aufnahmen stets seinen eigenen Hocker mitnahm. Der legendÀre Jazzmusiker Keith Jarrett spielte am liebsten im Stehen und verdrehte dabei oft den gesamten Körper zur Musik.
Ihre auĂergewöhnliche Haltung beim Spielen hielt keinen der beiden davon ab, weltbekannte Musiker zu werden. Aber das sind eben Ausnahmen. Tu' dir selbst und deinem Körper einen Gefallen, indem du bereits zu Beginn die richtige Technik lernst. Ausprobieren geht ja spĂ€ter immer nochâŠ
Stelle deine FĂŒĂe entspannt direkt unter deinen Knien ab, nicht unter dem Hocker oder zu einer der Seiten. Das ist wichtig, damit du deine FĂŒĂe spĂ€ter aus dieser Ruheposition zu und von den Pedalen bewegen kannst. Manche StĂŒcke erfordern eine Menge an FuĂarbeit, also achte darauf, hier wirklich bequem zu sitzen. Ein guter Richtwert ist die Position deiner Knie im rechten Winkel zum Boden, aber das muss natĂŒrlich nicht exakt so sein.
Nachdem du eine angenehme Position fĂŒr deinen Unterkörper gefunden hast, versuche, nicht zu viel daran zu Ă€ndern oder umher zu rutschen, um niedrige oder hohe Töne zu erreichen. Wenn sich ein StĂŒck besonders auf die niedrigeren oder hohen Töne der Tastatur konzentriert, kannst du deine Position zu Beginn natĂŒrlich dementsprechnd anpassen. Vielleicht musst du am Anhang etwas ausprobieren, um die optimale Position fĂŒr dich zu finden, aber diese "Arbeit" ist es auf jeden Fall wert.
Richtige Haltung des Oberkörpers
WĂ€hrend es stimmt, dass nur deine Fingerspitzen tatsĂ€chlich die Tasten berĂŒhren, kommt die Bewegung an sich nicht nur aus den Fingern und HĂ€nden. Im Gegenteil: Dein ganzer Körper spielt Klavier. KonzertpianistInnen, die ihren Oberkörper aufwendig und mitunter kunstvoll beim Spielen bewegen, spielen mit absoluter Körperkontrolle. Sie ĂŒbertragen die Energie des Körpers ĂŒber die HĂ€nde in die Tasten, und wie das funktioniert, wollen wir an dieser Stelle erklĂ€ren.
Sitze aufrecht und mit geradem RĂŒcken und stell' dir dabei eine gerade Linie vor, die von deinem SteiĂbein bis zu deinem Scheitelpunkt verlĂ€uft. Wenn du es gewohnt bist, auf StĂŒhlen mit Lehne zu sitzen, kann diese Haltung am Anfang unangenehm sein. Aber keine Sorge, deine Rumpfmuskulatur wird schnell stĂ€rker und unterstĂŒtzt dich bei der aufrechten Haltung am Klavier, die sich schon bald natĂŒrlich anfĂŒhlen wird.
Entspann' deine Schultern und arbeite bewusst dagegen, einen RundrĂŒcken zu machen. Wenn du dazwischen daran denkst, rolle deine Schultern bewusst nach hinten und unten und lass' dann die Arme locker zur Seite hĂ€ngen, um in eine aufrechte Haltung zurĂŒckzukehren. Dein Kopf hat auĂerdem eine Menge an Gewicht. Versuche, ihn nicht nach unten hĂ€ngen zu lassen, um Spannung im Nacken- und Schulterbereich zu vermeiden.
Wenn du eine angenehme, aufrechte Position gefunden hast, leg deine HĂ€nde gerade vor dir auf der Tastatur ab. Deine Finger sollten parallel zu den Tasten sein, und locker in der Mitte der weiĂen Tasten aufliegen, ungefĂ€hr auf der Höhe, wo die schwarzen Tasten beginnen.
Deine Ellbogen sollten in angenehmem Abstand zu deinem Körper leicht nach auĂen gedreht sein.
Wenn du deine Finger entlang des Klaviers bewegst, sollten sich deine Ellbogen locker mitbewegen. Spielst du Noten am oberen oder unteren Ende des Instruments, öffnen sich deine Arme nach auĂen in eine angenehme Haltung. Sind die HĂ€nde nahe zusammen, lass' die Handgelenke locker. Auf diese Art drehen sich deine HĂ€nde auf natĂŒrliche Weise leicht nach innen und du verhinderst KrĂ€mpfe.
Entspannte Handgelenke ermöglichen dir, das Gewicht deiner Arme als Energie auf die Tasten zu ĂŒbertragen. Mach' dir hier die Schwerkraft zunutze, indem du deine Handgelenke locker lĂ€sst, anstatt sie zu verkrampfen. So entsteht eine natĂŒrliche Bewegung, mit der du flieĂend und dynamisch spielen kannst.
HĂ€ufiger Fehler: Steife Handgelenke und Unterarme
Es ist wirklich essentiell, die Kraft und Energie deiner Unterarme beim Klavierspielen ĂŒber die Handgelenke bis in die Finger flieĂen zu lassen. Wenn du deine Muskeln oder Gelenke verkrampfst, verlierst du die Kontrolle ĂŒber den Klang und riskierst sogar Verletzungen, wenn die falsche Haltung zur Gewohnheit wird. Entspann' die Handgelenke, mach' dir die Schwerkraft zunutze und stell' dir vor, wie deine Arme durch das Klavier fallen wĂŒrden, wenn es nicht da wĂ€re.
Wirf' nun einen genaueren Blick auf deine Finger. Stell' dir vor, du wĂŒrdest einen kleinen Ball in jeder Hand halten. Deine HĂ€nde sollten eine kleine Kuppel bilden, als wĂŒrden deine Gelenke den imaginĂ€ren Ball umschlieĂen. In dieser, mit den Fingern nach unten gekrĂŒmmten Haltung legst du deine HĂ€nde auf das Klavier, so dass deine Fingerspitzen die Tasten berĂŒhren. Eine andere Methode ist, die eigenen Knie mit den HĂ€nden zu umschlieĂen, die HĂ€nde in dieser Haltung zu lösen und dann genau so auf den Tasten abzulegen.
Weil dein kleiner Finger am schwĂ€chsten ist, ist es ein hĂ€ufiger Fehler, ihn auszustrecken anstatt abzubiegen. So baust du aber keine Kraft auf und entwickelst auf Dauer auch eine schlechte Handhaltung. Denk' also daran, den kleinen Finger mit den Fingern der restlichen Hand gemeinsam abzubiegen. Weil er kĂŒrzer als die anderen Finger ist, wirst du ihn nicht so weit biegen können, und das ist okay. Finde eine angenehme Handposition, in der nur die Fingerspitze die Taste berĂŒhrt.
Die Ausnahme zur "Finger-abbiegen-Regel" ist dein Daumen. Halte deine Daumen gestreckt, aber entspannt, und lass die Seite des Fingers nahe der Spitze einfach auf die Tasten sinken.
HÀufiger Fehler: Einknicken der Fingerknöchel
Beim Spielen sollten deine Finger abgebogen und stabil auf den Tasten liegen. Weil sich das zu Beginn aber nicht unbedingt natĂŒrlich anfĂŒhlt, ist es ein hĂ€ufiger AnfĂ€ngerfehler, das oberste Fingergelenk zurĂŒckzudrĂŒcken. Durch dieses Einknicken des Knöchels verlierst du Kontrolle ĂŒber den ausgeĂŒbten Druck und spielst ungeschickter. AuĂerdem kann diese Haltung zu Verletzungen der Gelenke fĂŒhren.
Um das zu verhindern, kannst du die Kraft deiner Finger mit StressbĂ€llen oder Knetmasse trainieren, aber meistens reicht es aus, beim Ăben auf diesen Fehler zu achten. DrĂŒcke die Tasten mit deiner Fingerspitze, als wĂŒrdest du auf einer Computertastatur schreiben, und die Muskeln deine Finger werden schnell von selbst stĂ€rker werden.
Perfekte Tastentechnik
Nachdem du dir die Zeit genommen hast, um deine Körperhaltung am Klavier zu perfektionieren, widmen wir uns nun dem Spielen der Tasten. Hier geht es vor allem darum, die gröĂte Dynamik und damit beste Kontrolle ĂŒber die LautstĂ€rke zu erreichen. Wir haben bereits im Kapitel 1 - Wie du das richtige Klavier oder Keyboard wĂ€hlst ĂŒber die Anschlagsdynamik gesprochen, damals im Vergleich der unterschiedlichen Instrumente. Jetzt wollen wir erklĂ€ren, wie du jede Note mit der gröĂten Anschlagsdynamik spielst â und so das meiste aus deinem Instrument herausholst.
Wenn du schon einmal jemanden auf ein Klavier "einschlagen" hast sehen, also jede Note mit der gleichen, meist starken, IntensitĂ€t gespielt wurde, weiĂt du bereits, was du nicht machen solltest. Sieh dir im Gegensatz ein Video einer Weltklasse-PianistIn an. Diese Personen haben absolute Kontrolle darĂŒber, wie sie die Energie des Körpers in die Tasten leiten. Auch wenn es so aussieht, als wĂŒrden sie sich ĂŒbertrieben oder unkontrolliert bewegen, nutzen sie genau diese Bewegungen, um flieĂend zwischen leisen und lauten Tönen zu wechseln.
Die Methode
WĂ€hle eine Taste. Im nĂ€chsten Kapitel werden wir genauer ĂŒber die richtige Ausgangsposition reden, aber fĂŒr den Moment funktioniert jede der weiĂen Tasten in der Mitte des Klaviers. Wenn du genauer sein willst, finde das "mittlere C" anhand der Anleitung aus Kapitel 4 - Beginne zu spielen.
Denk' nun an die richtige Handhaltung. Die linke Seite deines Daumens, nahe der Fingerspitze, berĂŒhrt die Taste. Deine restlichen vier Finger "halten" den imaginĂ€ren Ball in der Luft. Dein kleiner Finger, das Handgelenk und der Ellbogen sollten dabei eine relativ gerade Linie bilden. Lass' nun den Daumen auf der Taste sinken, anstatt sie bewusst anzuschlagen. Wenn dein Finger die Taste drĂŒckt, bleibt das Handgelenk locker und sinkt auch leicht nach unten. Wenn du das Gewicht von der Taste nimmst, kommt auch das Handgelenk zurĂŒck in seine Ausgangsposition. Diese natĂŒrliche Bewegung erlaubt dir, weich und flieĂend zu spielen und die gröĂtmögliche Anschlagsdynamik zu nutzen.
Jetzt ist es Zeit, zu experimentieren. Schlage die Taste hart an und halte sie. Dann lass' ganz langsam los und höre auf das sanfte GerÀusch, wenn der Hammer sich löst. Schlage noch einmal hart an, aber lass' genauso schnell wieder los und achte auf den Unterschied im Klang. Spiel' weich und lang, dann wiederum weich und sanft loslassend.
Indem du merkst, wie das Klavier auf verschiedene Situationen reagiert, lernst du dein Instrument kennen â nicht unĂ€hnlich einer menschlichen Beziehung. Sogesehen ist es nicht ĂŒberraschend, dass langjĂ€hrige PianistInnen ihr Klavier als guten Freund bezeichnen. Geh' zum nĂ€chsten Kapitel, um deine ersten Melodien zu spielen.
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